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Mögliche rechtliche Auswirkungen der Corona-bedingten öffentlich-rechtlichen Anordnungen oder Verbote der Öffnung von Ladengeschäften und Einkaufszentren auf Mietverhältnisse
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24-03-2020
A. Aufgabenstellung
Durch die nachstehend noch zu erläuternden öffentlich-rechtlichen Vorgaben sind die meisten Einzelhändler gehalten, ihre Ladengeschäfte für die Dauer des Bestandes der entsprechenden Anordnungen nicht zu öffnen.
Es stellt sich daher die Frage, welche zivilrechtlichen Auswirkungen von diesen Schließungsverfügungen auf die betroffenen Mietverhältnisse ausgehen.
Da es – dies kann vorweggenommen werden – keine gerichtlichen Präjudizien (also Vorentscheidungen) zu der hier zu erörternden Rechtslage gibt, beruht die vorliegende rechtliche Bewertung auf einer sorgfältigen Analyse der allgemeinen Rechtsinstitute wie des Mängelrechts des Mietrechts, des allgemeinen Leistungsstörungsrechts etc.
Die Bewertung für einzelne Mietverhältnisse kann dabei nur auf der Grundlage des jeweils konkreten Einzelfalls erfolgen. Die Beurteilung ist voraussichtlich abhängig von der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Mietverträge, der Lage der Objekte, der Art der Mietobjekte, der Leistungsfähigkeit der Mietvertragsparteien etc. Etwaige vertragliche Spezialregelungen sind im Einzelfall vorrangig in den Blick zu nehmen.
B. Sachverhalt
Im Verlaufe der 12. KW 2020 haben – soweit ersichtlich – die meisten Bundesländer aufgrund der Empfehlung der Bundesregierung landesrechtliche Regelungen erlassen, welche die Öffnung von Ladengeschäften und Einkaufszentren (inkl. FOCs) untersagt.
Beispielhaft soll verwiesen werden auf die Bayerische Regelung sowie die Regelung des Landes Sachsen-Anhalt und die Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Die Bayerischen Regelungen finden sich in der „Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und des Bayerischen Staatsministeriums Familie, Arbeit und Soziales vom 16.03.2020, Az. 51-G8000-2020/122-67“ mit dem Titel „Veranstaltungsverbote und Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie“.
Die nachstehend geschilderten Regelungen sind nach Ziffer 7. dieser Allgemeinverfügung am 18. März 2020 in Kraft getreten und gelten bis einschließlich 30. März 2020.
Ziffer 4. dieser Allgemeinverfügung lautet auszugsweise:
„Untersagt wird die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art. […]
Die Öffnung von Einkaufszentren und Kaufhäusern ist nur für in Ziffer 2 genannte Ausnahmen erlaubt.“
Das Land Sachsen-Anhalt hat die Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus COV-2 in Sachsen-Anhalt am 17. März 2020 erlassen.
Nach § 8 ist die Verordnung am 18.03.2020 in Kraft getreten und soll mit Ablauf des 19.04.2020 außer Kraft treten.
§ 4 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
„§ 4 Ladengeschäfte des Einzelhandels
(1) Untersagt wird die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art.
[…]
(4) Die Öffnung von Einkaufszentren und Kaufhäusern ist nur für die in Abs. 2 genannten Ausnahmen sowie unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 erlaubt.“
Auch die Landesregierung NRW hat per Rechtsverordnung ein weitreichendes Kontaktverbot für Nordrhein-Westfalen erlassen. Die „Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaSchVO)“ ist nach § 15 der CoronaSchVO NRW am 23.03.2020 in Kraft getreten.
§ 5 der CoronaSchVO NRW regelt den Fortbestand der Zulässigkeit der Öffnung bestimmter dort genannter Handelsbetriebe. Eine Regelung für Einkaufszentren enthält § 10 der CoronaSchVO NRW. Dort heißt es:
„Der Zugang zu Einkaufszentren, „shopping-malls“ oder „factory outlets“ und vergleichbaren Einrichtungen ist nur zulässig, wenn sich dort nach den §§ 5, 7 und 9 zulässige Einrichtungen befinden, und nur zu dem Zweck, diese Einrichtungen aufzusuchen.“
Soweit uns derzeit bekannt ist, setzen die Länder durch Ordnungsbehörden und Polizei diese Verbote rigoros durch. Bei Einkaufszentren findet nach unserer Kenntnis häufig am Eingang eine Einlasskontrolle durch Wachdienste etc. statt, damit Kunden nur Zugang zu den vom Öffnungsverbot ausgenommenen Geschäften (im Folgenden: privilegierte Geschäfte) gewährt wird und auch dies nur in beschränkter Anzahl.
Da es sich bei diesen Regelungen um allgemein verbindliche Normen handelt, ist ein konkreter Adressat nicht genannt.
Wir legen aus diesem Grunde die vorgenannten Regelungen dergestalt aus, dass die Untersagung der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art sich an die einzelnen Geschäftsinhaber (für Zwecke des vorliegenden Vermerkes also die Mieter) richtet. Die Sondervorschrift für Einkaufszentren – so etwa die vorstehend zitierte Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen – legen wir dahingehend aus, dass diese Regelung sich (mindestens auch) an die Eigentümer / Betreiber der Einkaufszentren richtet, diese also für ihr jeweiliges Objekt dafür Sorge zu tragen haben, dass das Einkaufszentrum nur von Kunden privilegierter Geschäfte betreten wird und die übrigen Ladengeschäfte nicht angelaufen werden dürfen und geschlossen bleiben.
Für die Zwecke der nachstehenden mietvertraglichen Bewertungen unterstellen wir, dass die jeweiligen Regelungen vollziehbar sind, unabhängig davon, ob sie formell- und materiellrechtlich rechtmäßig erlassen wurden. Alle Vorschriften können durch Normenkontrollklage oder verwaltungsgerichtliche Klage naturgemäß angegriffen werden. Wir gehen derzeit allerdings davon aus, dass angesichts der großen Gefahrenlage von der Einlegung solcher Rechtsbehelfe abgesehen wird. Sollte mit Blick auf die betreffenden Vorschriften gleichwohl von den bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebracht gemacht werden und Gerichte die Aussetzung der Vollziehung anordnen, ist zudem damit zu rechnen, dass die entsprechenden Landesbehörden „nachbessern“ werden, notfalls auf der Grundlage der allgemeinen ordnungsbehördlichen Vorschriften.
C. Rechtliche Bewertung
Im Lichte des vorstehenden Sachverhaltes stellt sich primär die Rechtsfrage, ob der Vermieter während der Zeitdauer der Geltung vorstehend beschriebener Verbote Anspruch auf Zahlung der Miete für das jeweils zu beurteilende Ladenlokal hat.
Da es – wie eingangs erwähnt – keinerlei Präjudizien für diese Frage gibt, erfolgt nachstehend eine schulmäßige Prüfung anhand der gesetzlichen Rechtsvorschriften, die auf Mietverträge Anwendung finden.
Für die rechtliche Bewertung kann es einen Unterschied machen, ob die Schließungsanordnung sich (nur) an den Mieter richtet oder (auch) an den Eigentümer / Betreiber eines Einkaufszentrums. Deswegen wird nachstehend nach diesen Varianten unterschieden.
I. Variante 1: Wirkung der Schließungsanordnung ausschließlich gegenüber dem Mieter
Es wird nachstehend zunächst die Sachverhaltsvariante geprüft, in der sich die Anordnung nur an den Mieter richtet. Klassisches Beispiel wäre ein solitäres Einzelhandelsgeschäft an einer Einkaufsstraße, dass der Vermieter nur an einen Mieter überlassen hat, das straßenständig zugänglich ist und es daher nur in der tatsächlichen Gewalt des Mieters liegt, ob er sein Ladengeschäft öffnet oder schließt.
1. Entstehung des Anspruchs auf Mietzahlung
Der Vermieter hat gegen den Mieter einen Anspruch auf Zahlung der Miete aufgrund des konkreten Mietvertrages in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
Dieser Anspruch entsteht mit dem wirksamen Abschluss eines Mietvertrages, abhängig von den im Vertrag niedergelegten und bei Gewerbemietverträgen in der Regel speziellen Bestimmungen zum Zeitpunkt des Entstehens und der Fälligkeit des Mietzinses.
In der Regel entsteht nach diesen Verträgen der Anspruch auf Mietzahlung nach Übergabe der Mieträume und deren Abnahme, ggf. nach Durchführung der vom Mieter noch durchzuführenden Mietereinbauten.
Es handelt sich hierbei um Fragestellungen, die nur anhand des einzelnen Mietverhältnisses beurteilt werden können. Das Entstehen des Anspruchs auf Mietzahlung wird für die folgenden Überlegungen unterstellt.
2. Befreiung von der Mietzahlung wegen des Vorliegens eines Sachmangels der Mietsache aufgrund der öffentlich-rechtlich angeordneten Nutzungsuntersagung (§ 536 Abs. 1 BGB)
Die öffentlich-rechtlichen Schließungsanordnungen könnten einen Mangel der Mietsache begründen, so dass die Mietzahlungsverpflichtung ganz oder teilweise entfiele.
§ 536 Abs. 1 BGB unterscheidet nach der Fallgestaltung, nach der die Tauglichkeit der Nutzung durch einen Mangel aufgehoben ist (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB) und der Fallgestaltung, dass die Tauglichkeit lediglich gemindert ist (§ 536 Abs. 1 Satz 2 BGB). Folge der letzteren Vorschrift wäre, dass die Miete angemessen herabzusetzen wäre.
a) Teilweiser Entfall der Verpflichtung zur Zahlung der Miete nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB
Die Vorschrift des § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB würde in den vorliegenden Fällen die Möglichkeit geben, die Minderung zwischen Vermieter und Mieter zu quoteln.
Allerdings spricht prima facie vieles dafür, dass durch die verhängte Nutzungsanordnung – sofern sie einen Mangel darstellt – die Tauglichkeit der Nutzung aufgehoben ist, so dass eine teilweise mit Herabsetzung der Miete nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB ausscheidet.
b) Vollständiger Entfall der Verpflichtung zur Zahlung der Miete nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB
Da die Nutzung der Ladengeschäfte insgesamt untersagt ist, spricht vieles dafür, zu prüfen, ob die Mietzahlungspflicht wegen Aufhebung der Tauglichkeit zur Nutzung insgesamt entfällt (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB).
aa) Anwendbarkeit des Mängelrechts
Zunächst ist die Vorfrage zu klären, ob der Entfall der Mietzahlungspflicht sich vorliegend nach dem Recht der Mängelgewährleistung des Mietrechtes richtet oder nach dem allgemeinen Recht der Unmöglichkeit, sofern die Schließung der Läden eine Unmöglichkeit der Nutzung herbeiführt.
Es ist allgemein anerkannt, dass nach Überlassung der Mietsache an den Mieter Mietrecht gilt und die Rechtsvorschriften zur Unmöglichkeit hiervon verdrängt werden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 536 Rn. 10).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Unmöglichkeit der Vermieterleistung auf einem anderen Grund als einem Sachmangel beruht (Palandt/Weidenkaff, a.a.O.), dazu nachstehend noch zu Ziffer 2. d)).
bb) Öffentlich-rechtliches Öffnungsverbot als Mangel?
Eine Mietminderung oder die Befreiung von der Entrichtung der Miete greift, wenn ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, während der Mietzeit entsteht (§ 536 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB).
Zentrale Frage ist daher, ob das an den Mieter gerichtete öffentlich-rechtliche Nutzungsverbot einen Sachmangel im Sinne des Mietrechts darstellt.
Zu dieser Frage gibt es unterschiedliche Meinungen, die zum Teil ohne Begründung vertreten werden. Diese Meinungen werden nachstehend dargestellt.
(1) Kein Sachmangel bei öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkungen, die nicht objektbezogen sind
Nach einer Meinung können öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen grundsätzlich geeignet sein, die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch zu mindern und damit einen Sachmangel darstellen. Insbesondere bei der Vermietung von Gewerberäumen können privat- oder öffentlich-rechtliche Hindernisse zu einem Mangel führen.
Voraussetzung für die Annahme eines Mangels infolge öffentlich-rechtlicher Gebrauchsbeschränkungen ist aber, dass die Beschränkungen der konkreten vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 – XII ZR 189/09, MDR 2011, 1092; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1991 – XII ZR 63/90, ZMR 1992, 239; KG, Urteil vom 18.12.2008 – 12 U 110/07, ZMR 2010, 31; Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl. 2017, § 536 BGB Rn. 27; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 536 Rn 78; jeweils m.w.N.).
Diese Einschränkung ist erforderlich, um dem Mieter nicht durch eine übermäßige Ausdehnung des Fehlerbegriffs das Verwendungsrisiko zu nehmen (Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, a.a.O., Rn 78). Ebenso wenig darf das allgemeine Lebensrisiko, das jeder, auch der Mieter, tragen muss, vom Mieter über die Annahme eines Mangels im Sinne des § 536 BGB auf den Vermieter verschoben werden (Emmerich, in: Staudinger, BGB, Stand 22.12.2019, § 536 Rn. 44).
Ein Mangel soll danach gerade nicht vorliegen, wenn der Gebrauch der Mietsache durch betriebsbezogene öffentlich-rechtliche Genehmigung aus Gründen untersagt wird, die zum allgemeinen Risiko eines Gewerbebetreibenden gehören (Blank, in: Blank/Börstinghaus, a.a.O., Rn. 28). So können nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht deshalb etwa für das gesamte Land während eines Krieges erlassene Tanzverbote ebenso wenig wie allgemeine Bade- oder Betriebsverbote oder eine generelle Kürzung der Polizeistunde als Mängel anerkannt werden (Emmerich, in: Staudinger, a.a.O., Rn. 44, m.w.N. und Verweis auch auf anderslautende Entscheidungen des Reichsgerichts).
In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass etwa die nachträgliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit gemieteter Räume für den Betrieb einer Gaststätte durch die Gesetzgebung zum Schutze der Nichtraucher nicht geeignet ist, einen Mangel darzustellen. Derartige gesetzliche Rauchverbote knüpfen nicht an die Beschaffenheit und die Lage der Räume, sondern an die betrieblichen Verhältnisse des Mieters an und gehören deshalb zum Verwendungsrisiko des Mieters und zwar selbst dann, wenn infolge des Rauchverbots die Zahl der Gäste drastisch zurückgeht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 – XII ZR 189/09, MDR 2011, 1092).
Da öffentlich-rechtliche Hindernisse und Beschränkungen grundsätzlich nur dann als Mangel gelten, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruhen (Bsp. Versagung der Gaststättenkonzession wegen des Zustands der Räume oder wegen fehlender Kfz-Einstellplätze, Untersagung des Gewerbebetriebs wegen des Verstoßes gegen Bauvorschriften, s.o.), betriebsbezogene Beschränkungen dagegen dem Verwendungsrisiko des Mieters unterfallen, ist nach diesen Vorgaben im Falle einer behördlichen Schließungsanordnung wohl von einem Mangel abzusehen.
Nach den vorstehend wiedergegebenen Meinungen ist deshalb tendenziell davon auszugehen, dass nicht objektbezogene, sondern objektive Nutzungsuntersagungen nicht den als Sachmangel anerkannten öffentlich-rechtlichen Beschränkungen gleichstehen, so dass sie keinen Sachmangel begründen.
(2) Sachmangel bei Untersagungen von Nutzungen die Vertragszweck geworden sind
Gleichwohl gibt es Stimmen in der Literatur, wonach etwas anderes gelten soll, wenn der Vertragszweck Vertragsinhalt geworden ist (Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, a.a.O., Rn. 79). Eine abschließende Bewertung ist folglich auch insoweit nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls möglich.
Aus dem Duktus der Kommentierung von Eisenschmid – der im Übrigen der oben zitierten BGH-Ansicht zustimmt – ist allerdings davon auszugehen, dass nur solche Fälle gemeint sind, in denen ganz bestimmte Verwendungszwecke Vertragsgegenstand geworden sind, die dann speziell untersagt werden, so etwa der Fall der Raucherkneipe, der Gegenstand der vorstehend wiedergegebenen BGH-Entscheidung ist. Wir verstehen die Kommentierung von Eisenschmid dahingehend, dass dieser einen Mangel bejahen würde, wenn der Betrieb einer Gastwirtschaft speziell als Raucherkneipe zum Mietzweck im Vertrag ausdrücklich erklärt worden ist.
Ob die Meinung von Eisenschmid dahingehend verallgemeinert werden kann, dass § 536 BGB auch gilt, wenn eine allgemeine Nutzungsuntersagung verfügt wird, die auf Mietverträge trifft, die natürlich in der Regel die konkrete Nutzung zum Vertragszweck erklären, scheint zweifelhaft.
(3) Objektive Nutzungsbeschränkungen als Sachmangel unter Berücksichtigung des § 537 BGB
Ergänzend in den Blick zu nehmen sind in diesem Zusammenhang auch weitere Kommentierungen, die im Kontext des § 537 BGB ergangen sind (dazu auch nachstehend zu c)).
Im Rahmen dieser Kommentierungen zu § 537 BGB werden die Fälle der allgemeinen Nutzungsuntersagungen ebenfalls ausdrücklich angesprochen (Lehmann/Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, a.a.O., § 537 Rn. 26; Bieber, in: MüKo BGB, 8. Aufl., § 537 Rn. 5; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 537 Rn. 5).
Besonders hervorzuheben ist dabei die ausdrückliche Erwähnung des Falls der höheren Gewalt als objektives Nutzungshindernis (z.B. Bieber, in: MüKo BGB, a.a.O.). Allerdings begnügen sich die Kommentierungen mit dem sibyllinischen Hinweis, dass in den Fällen objektiver Leistungshindernisse inkl. höherer Gewalt die Vorschriften des § 536 BGB oder des § 326 BGB Anwendung finden (Fundstellen wie vorstehend).
Symptomatisch ist hierfür die Formulierung bei Bieber, in: MüKo BGB, a.a.O.:
„Die mit Rücksicht hierauf unterlassene Gebrauchsausübung führt entweder nach Abs. 2 bzw. nach § 536 oder nach Maßgabe des § 326 zum Wegfall der Mietzahlung.“
Die Autoren schreiben – soweit ersichtlich – in ihren Kommentierungen zu § 536 Abs. 1 BGB aber gerade nichts zu der Fallgruppe der objektiven Gebrauchshindernisse. Es bleibt deshalb offen, auf welchen Einwendungstatbestand sich die vorstehend genannten Autoren im Ergebnis berufen wollen.
Gleichwohl können die vorgenannten Kommentarmeinungen zu § 537 BGB gegebenenfalls für die Auffassung ins Feld geführt werden, dass in Fällen wie den Vorliegenden der Mietzinsanspruch entweder nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB (vorstehend geprüft) oder nach § 326 Abs. 1 BGB (siehe dazu nachstehend Ziffer 2. e)) entfällt.
Der Vollständigkeit halber soll deshalb kurz angesprochen werden, wie der Begriff der „höheren Gewalt“ zu definieren ist, der allerdings in den mietrechtlichen Vorschriften ausdrücklich nicht auftaucht. Er wird beispielsweise in § 206 BGB genutzt, wo das Vorliegen höherer Gewalt die Verjährung hemmt.
Nach § 206 BGB liegt höhere Gewalt dann vor, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruht, die auch durch die äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vorausgesehen und verhütet werden konnten; schon das geringste Verschulden des Gläubigers schließe die höhere Gewalt aus (vgl. nur Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 206 Rn. 4).
Nach den vorstehend zitierten Autoren dürfte daher ein Entfall der Mietzahlungspflicht wegen eines Sachmangels in der vorliegenden Konstellation grundsätzlich in Betracht kommen.
(4) Hinderung des Mietgebrauchs aus objektiven Gründen als Fall der Unmöglichkeit
Bereits an dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass ein weiterer namhafter Autor den Fall der fehlenden Nutzungsmöglichkeit aufgrund objektiver Umstände als Fall der Unmöglichkeit nach § 275 BGB einordnet (so ohne Begründung: Emmerich, in: Staudinger, a.a.O., § 537 Rn. 3).
cc) Aufhebung der Nutzung zum vertragsgemäßen Gebrauch
Bejaht man mit den hierzu einschlägigen vorstehenden Meinungen einen Sachmangel, so muss dieser, um zum Entfall der Mietzahlungspflicht zu führen, die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben.
Bei einem totalen Nutzungsverbot dürfte es kaum zweifelhaft sein, dass diese Voraussetzung gegeben ist.
dd) Rechtsfolge
Für die Zeit der Nutzungsuntersagung ist – bejaht man das Vorliegen eines Sachmangels – die Miete insgesamt nicht zu zahlen.
ee) Vorliegen eines Rechtsmangels?
Fraglich ist weiter, ob die das Öffnungsverbot einen Rechtsmangel begründet. Ein solcher liegt nach § 536 Abs. 3 BGB aber nur dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch durch das Recht eines Dritten entzogen wird. Dieser Fall ist vorliegend nicht gegeben.
ff) Vorläufiges Ergebnis zu a)
Wie vorstehend dargelegt, werden Fälle wie der vorliegende in der Kommentierung nur am Rande und unsystematisch angesprochen. Etliche Autoren begründen das Vorliegen eines Sachmangels ohne dogmatische Verortung und Zitierung der letztlich dafür entscheidenden Einwendungsnorm. Bei der „klassischen“ Prüfung des Sachmangelbegriffs unter dem Unterfall „öffentlich-rechtliche Beschränkung“ ist bei § 536 Abs. 1 BGB in direkter Anwendung eher nicht von einem Sachmangel auszugehen.
Letztlich wird es eine Wertung der Rechtsprechung sein, wie sie die vertragliche Risikoverteilung auf der Grundlage des bis dato einmaligen Sachverhalts einer solchen bedingten Schließung aller Geschäfte in Zukunft vornehmen wird. Für die derzeitige Bewertung kann die Rechtsfrage nur als offen bezeichnet werden. Diese nicht zu bestreitende Rechtslage müssen die Vertragsparteien des jeweiligen Mietverhältnisses im Lichte ihrer konkreten Situation für sich bewerten und daraus eine Handlungsfolgerung ableiten.
c) Minderung/Entfall der Pflicht zur Mietzahlung analog § 536 Abs. 1 BGB
Verneint man die Anwendbarkeit des § 536 Abs. 1 BGB in direkter Anwendung, kommt noch die Anwendung dieser Vorschrift analog in Betracht.
So hat das Reichsgericht (RG, Urteil vom 3. Januar 1919, Rep. III. 271/18) die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses in einer Entscheidung aus dem Jahre 1919 unter sinngemäßer Anwendung des § 536 BGB (§ 537 BGB a.F.) abgelehnt.
Der Entscheidung lag dabei folgende Fallkonstellation zugrunde: Der Kläger hatte vom Beklagten eine Benzintankanlage nebst Kellerräumen gemietet. Der Kläger konnte allerdings während des Krieges von dem Benzintank infolge einer behördlichen Beschlagnahme und behördlicher Veräußerungsverbote sowie infolge von Benzinknappheit keinen Gebrauch machen. Er verlangte deshalb den Erlass des auf den Benzintank entfallenden Teiles des Mietzinses. Das Berufungsgericht entsprach seinem dahingehenden Feststellungsantrag, das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen.
Das Reichsgericht rechtfertigt den Entfall des Mietzinses damit, dass der Kläger durch die Kriegsereignisse und die dadurch veranlassten behördlichen Maßnahmen gehindert gewesen sei, von der Anlage den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen.
Zur weiteren Begründung führte das Reichsgericht aus:
„Die den Gegenstand des Vertragsverhältnisses bildende Tankanlage war so beschaffen und so besonders eingerichtet, dass sie nur zu einer ganz bestimmten Art der Verwendung, der Aufnahme von Benzin und vielleicht von ähnlichen Stoffen, geeignet war. Daraus erhellt ohne weiteres, dass auch nur diese Art der Verwendung als die nach den Inhalten des Vertrags vorausgesetzte und gewollte angesehen werden kann. Wird diese Art der Verwendung durch außerordentliche Ereignisse, welche in keiner Weise mit der Person des Mieters zusammenhängen, wie durch behördliche Maßnahmen infolge des Kriegs oder auch durch sonstige durch den Krieg herbeigeführte Verhältnisse unmöglich, so geht die dadurch verursachte Einbuße zu Lasten des Vermieters. Der Vermieter, der die Anlage mit ihrer besonderen Einrichtung geschaffen hat und der in dem mit Rücksicht auf diese besonderen Einrichtung bemessenen Mietpreise auch die Vergütung gerade für die Überlassung der Sache zu dem bestimmten Gebrauch erhält, verliert den Anspruch auf diese Vergütung, wenn der bestimmungsmäßige Gebrauch überhaupt, nicht nur gerade für die Person des Mieters unmöglich wird. Es folgt dies aus dem Wesen des gegenseitigen Vertrages, auf dem sowohl § 323 wie § 537 BGB beruhen, deren sinngemäße Anwendung hier gerechtfertigt ist. Nach der besonderen Art des Vertragsverhältnisses gestaltet sich die Möglichkeit der Verwendung der Sache zu dem bestimmten Gebrauche zu einem Teile der dem Vermieter obliegenden Leistung im Sinne des § 323, der Wegfall dieser Möglichkeit behaftet die Sache zwar nicht unmittelbar mit einem Fehler im Sinne des § 537 BGB, erzeugt aber eine diesem gleiche Wirkung dass die Sache zu dem vertragsmäßigen Gebrauche nicht mehr tauglich erscheint.“
Dieses Zitat aus der Reichsgerichtsentscheidung macht anschaulich deutlich, dass die Bewertung ungewöhnlicher Fälle im hohen Maß der gerichtlichen Wertung unterliegt. Dies wird besonders deutlich an der Aussage, dass das Nutzungshemmnis im dort entschiedenen Fall der Sache „nicht unmittelbar mit einem Fehler behaftet“ ist. Das Gericht macht durch das Verwendung des Wortes „unmittelbar“ deutlich, dass es die Vorschrift des § 536 Abs. 1 (damals § 537 Abs. 1 BGB) unter Wertungsgesichtspunkten entsprechend anwenden möchte, weil die Fallgestaltungen vergleichbar sind.
Die Entscheidung des Reichsgerichts kann daher auch als Beleg für den Entfall der Mietzahlungspflicht im Fall objektiver Nutzungsuntersagungen, die nicht ihren Grund im Mietgegenstand selber haben, herangezogen werden.
d) Entfall der Mietzahlungspflicht nach § 537 Abs. 1 BGB?
Ins Feld geführt wird auch die Vorschrift des § 537 BGB, wie bereits vorstehend zu 2. b) bb) (3) erwähnt wurde.
Die Norm lautet:
§ 537 Entrichtung der Miete bei persönlicher Verhinderung des Mieters
(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt.
(2) Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet.
aa) Funktionen der Norm
Nach herrschender Meinung wird § 537 Abs. 1 BGB der Funktion nach beim Erlöschen des Anspruchs auf Entrichtung der Miete angesiedelt (Lehmann/Richter, in: Schmidt-Futterer, a.a.O., § 537 BGB Rn. 3).
bb) Erlöschenstatbestände
Erlöschenstatbestände enthält die Vorschrift des § 537 Abs. 1 BGB aber nur in Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2. Diese Fallkonstellationen sind vorliegend nicht einschlägig.
cc) Erlöschenstatbestand für den vorliegenden Fall der objektiven Nutzungsuntersagung?
Entgegen dem vordergründigen Eindruck aus den vorstehend noch einmal zitierten Kommentierungen enthält die Vorschrift des § 537 BGB ansonsten keinen Erlöschenstatbestand hinsichtlich der Mietzahlungspflicht.
Sein im Vordergrund stehender Absatz 1 Satz 1 stellt lediglich klar, dass der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit ist, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Diese Vorschrift dient der Abgrenzung zu denjenigen Fällen der objektiven Nutzungsbeschränkung, und auf diese Abgrenzung beziehen sich die vorstehend zitierten Kommentierungen.
Soweit ersichtlich gibt es im Zusammenhang mit § 537 BGB lediglich eine Stimme, die das Verwendungsrisiko grundsätzlich beim Mieter sieht.
Diese Meinung in der Literatur stellt auf die Differenzierung zwischen mieter- und sachbezogenen Nutzungshindernissen ab: Immer, wenn der Mieter die Sache nicht gebrauchen könne, gehe der Vermieter nach § 326 Abs. 1 oder § 536 seines Anspruchs auf die Miete verlustig (zum Vorliegen eines Mangels i.S.d. § 536 BGB, s.o. Ziff. 2; zur Unmöglichkeit mit der Folge des § 326 Abs. 1 BGB, s.u. Var. 1B/Var. 2). Betreffe die Störung dagegen die Nutzungstätigkeit des Mieters, bleibe dieser zur Mietzahlung verpflichtet. Dies gelte nicht nur, wenn ihn der Umstand ganz individuell an der Nutzung der Sache hindere. Auch wenn ein beliebiger anderer Mieter von der Sache nicht den vertragsgemäßen Gebrauch machen könne, lasse dies die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht entfallen, solange es nicht an der Sache selbst liege, dass sie nicht bestimmungsgemäß verwendet werden könne.
Dementsprechend bleibe der Anspruch des Vermieters grundsätzlich erhalten, wenn die Tätigkeit, für die die Mietsache eingesetzt werden soll, entweder verboten werde oder tatsächlich ausgeschlossen sei (so etwa, weil die Erlaubnis des Geschäftsbetriebs nicht von der Leistungspflicht des Vermieters abgedeckt ist).
Denkbar sei hier allenfalls eine Vertragsanpassung oder ein Rücktritt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB, wenn die Leistung des Vermieters für den Mieter wertlos geworden sei und dies auf einem unvorhersehbaren Grund beruhe (Harke, in: beck-online Großkommentar, Stand 01.01.2020, § 537 BGB Rn. 10ff.).
dd) Ergebnis zu d)
Aus der Vorschrift des § 537 BGB lässt sich für die vorliegende Fallkonstellation kein Erlöschensgrund für die Mietzahlungspflicht des Mieters herleiten.
e) Wegfall der Mietzahlungspflicht nach § 326 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung des Mietgegenstandes durch den Vermieter
Ein weiterer Erlöschenstatbestand der Gegenleistung eines zweiseitigen Vertrages ist in § 326 Abs. 1 BGB enthalten. Danach entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung (hier des Mieters durch Mietzahlung), sofern der Schuldner (hier der Vermieter) wegen Unmöglichkeit nicht zu leisten braucht.
aa) Normzweck des § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB
Wie aus dem Wortlaut zu entnehmen ist, regelt die § 326 Abs. 1 S. 1 BGB das Schicksal der Gegenleistung, wenn der Schuldner wegen Unmöglichkeit (nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB) nicht zu leisten braucht. In diesem Fall trägt der Schuldner (hier: der Vermieter) nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB die sogenannte Gegenleistungs- oder Preisgefahr (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 326 Rn. 1 und 2).
bb) Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung durch den Vermieter?
Die Mietzahlungspflicht entfällt nur dann, wenn der Schuldner (Vermieter) wegen Unmöglichkeit seiner Leistung nicht zu leisten braucht.
Beim Mietvertrag besteht die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewähren (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Der Vermieter muss die Sache dem Mieter in einer Weise zur Verfügung stellen, die es diesem erlaubt, ohne Weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben (Emmerich, in: Staudinger, a.a.O., § 535 Rn. 5ff., 15).
Ist in einem Mietvertrag über gewerbliche Räume ein bestimmter Vertragszweck vereinbart („zum Betrieb einer Arztpraxis“, „einer Gaststätte,“ usw.) so müssen sich die Räume in einem Zustand befinden, der die Aufnahme dieses Betriebs erlaubt (Blank, in: Blank/Börstinghaus, a.a.O., § 535 Rn. 296). Diesen Zustand muss der Vermieter auch während der Mietzeit erhalten (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Bei vordergründiger Betrachtung könnte man der Meinung sein, an dieser Gebrauchsüberlassung ändere sich nichts, da der Vermieter mit der Überlassung der Mietsachen der Mieter alles getan hat, um diese Vertragspflicht zu erfüllen.
Die vorliegende Fallkonstellation ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mieter seinerseits gehindert ist, aufgrund der an ihn gerichteten Nutzungsuntersagung den vertragsgemäßen Gebrauch in Anspruch zu nehmen. Diese Konstellation ist sozusagen „seitenverkehrt“.
(1) Unmöglichkeit aus Rechtsgründen
Nach einer Meinung fehlt die Eignung der Mietsache zu dem vereinbarten Gebrauch, wenn der Mietzweck, das heißt der vertragsgemäße Gebrauch, aus Rechtsgründen nicht (legal) ausgeübt werden kann. Dies hat zur Folge, dass ein Fall der Unmöglichkeit oder des Unvermögens des Vermieters zur Gebrauchsgewährung vorliegt oder die Mietsache mangelhaft im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB ist (Hübner/Griesbach/Fuerst, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl. 2017, Kap. 14 Rn. 7).
Die vorliegende Fallkonstellation der nicht mietobjektbezogenen, sondern allgemeinen rechtlichen Hinderung an der Gebrauchsausübung wird in dieser Kommentierung nicht ausdrücklich angesprochen.
(2) Nutzungshindernis in der Mietsache selbst begründet
Ähnlich wie bei der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, stellt sich die Frage, ob die Nutzungsuntersagung im Mietgegenstand begründet sein muss oder allgemeiner Art sein kann.
Die in der Literatur vertretenen Ansichten sind in diesem Zusammenhang insoweit nicht eindeutig. Mitunter wird gefordert, dass das Nutzungshindernis, das dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegensteht, einen Zusammenhang zu der Mietsache aufweisen muss. So soll etwa die Mietsache nur dann nicht als vertragsgemäß gelten, wenn in den vermieteten Räumen das nach dem Vertrag vorausgesetzte Gewerbe nicht betrieben werden darf, weil die dazu erforderliche behördliche Genehmigung wegen des Zustands oder der Lage der Baulichkeiten, wegen fehlender Parkplätze oder aus anderen mit der Mietsache in Zusammenhang stehenden Gründen nicht erteilt wird (Blank, in: Blank/Börstinghaus, a.a.O., § 535 Rn. 297).
Letztgenannte Auffassung könnte zur Folge haben, dass eine behördliche Schließungsanordnung der Erfüllung der Pflicht zur Gebrauchsüberlassung durch den Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 BGB mangels des erforderlichen Bezugs Mietsache als solcher nicht entgegenstehen würde, also einen Fall der Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung seitens des Vermieters nicht begründen würde.
(3) Weitere Auffassung zu dieser Frage
Wie bereits vorstehend unter Ziffer 2. a) bb) (4) ausgeführt, geht Emmerich in Staudinger davon aus, dass objektive Nutzungshindernisse, die nicht in der Person des Mieters begründet sind, einen Fall der Unmöglichkeit auslösen. Dies gelte jedenfalls für den Mietvertrag als absolutes Fixgeschäft (Emmerich, in: Staudinger, a.a.O., § 537 Rn. 3).
Für eine Bejahung der Möglichkeit können – auch wenn diese Autoren dies nicht näher spezifizieren – die Kommentierungen angesehen werden, die vorstehend zu 2. b) bb) (3) wiedergegeben wurden.
Auch nach dieser Meinung läge eine Unmöglichkeit der Nutzungsüberlassung vor.
(4) Ergebnis zu bb)
Soweit die hier vorliegende Frage diskutiert wird, kann man einen leichten Überhang der Kommentatoren feststellen, die einen Fall der Unmöglichkeit bejahen.
cc) Rechtsfolge der Unmöglichkeit
Bejaht man mit einer der vorstehenden Meinungen vorliegend einen Fall der nachträglichen rechtlichen Unmöglichkeit, entfällt nach § 326 Abs. 1 BGB für den Zeitraum der Verhinderung die Verpflichtung des Mieters zur Entrichtung der Gegenleistung an den Vermieter. § 326 Abs. 1 BGB stellt insoweit eine anspruchsvernichtende Einwendung dar.
f) Anpassung der vereinbarten Miete nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
Nach dem Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage kann eine Anpassung eines Vertrages verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie diese Veränderungen vorausgesehen hätten (§ 313 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Vorliegend könnte ein solcher Umstand im Sinne des Gesetzes darin begründet sein, dass die Parteien bei Vertragsschluss davon ausgingen, der Mieter werde seinen Geschäftsbetrieb in dem Mietobjekt ohne behördliche Untersagungen frei betreiben können.
aa) Normenkonkurrenz
Zunächst ist zu prüfen, ob das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung findet.
(1) Es ist seit langem anerkannt, dass die Vorschrift über die Störung der Geschäftsgrundlage im Anwendungsbereich der Mängelhaftung unanwendbar ist (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 313 Rn. 12). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die
Voraussetzungen der Mängelhaftung im Einzelfall nicht vorliegen.
Wird vorliegend nach den vorstehenden Überlegungen ein Sachmangel bejaht oder ein solcher in entsprechender Anwendung des § 536 BGB angenommen, scheidet die Anwendung des § 313 BGB aus.
Kommt man demgegenüber zu dem Ergebnis, dass der Anwendungsbereich des § 536 BGB nicht berührt ist, kommt ein Rückgriff auf die Vorschrift des § 313 BGB grundsätzlich in Betracht.
(2) Die Grundsätze der Geschäftsgrundlage sind ebenfalls gegenüber dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht, insbesondere § 275 Abs. 1 BGB, subsidiär (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 313 Rn. 13).
Auch hier gilt:
Bejaht man einen Fall der Unmöglichkeit, ist der Weg in die Störung der Geschäftsgrundlage versperrt. Folglich erfolgt die nachstehende Prüfung auch unter diesem Aspekt hilfsweise.
bb) Tatbestandsvoraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage
§ 313 BGB enthält mehrere Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen:
- Es müssen sich nach Vertragsschluss Umstände entscheidend verändert haben.
- Diese Umstände dürfen nicht Inhalt des Vertrages geworden sein.
- Die Parteien müssten, wenn sie die Änderungen vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen haben.
- Das Festhalten am unveränderten Vertrag muss für den einen Teil unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, unzumutbar sein.
(Vgl. hierzu Zöll, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, a.a.O., Kap. 8, Rn. 19).
cc) Entscheidende Veränderungen von Umständen nach Vertragsschluss
Wie bereits eingangs dargelegt, kann argumentiert werden, dass eine entscheidende Änderung der Umstände darin begründet liegt, dass diese sich aufgrund einer behördlichen Schließungsanordnung plötzlich und unerwartet und ohne Vorbildwirkung geändert haben.
dd) Umstände dürfen nicht Inhalt des Vertrags geworden sein
Fraglich ist, ob der Umstand der auflagenfreien Nutzung Gegenstand des jeweiligen Mietvertrages geworden ist.
Hieran könnte man insbesondere dann denken, wenn Gewerberaummietverträge – wie häufig – eine Klausel enthalten, wonach der Mieter verpflichtet ist, alle öffentlich-rechtlichen Anforderungen an das Mietobjekt und den Geschäftsbetrieb zu beschaffen und diese Frage in seinen Risikobereich fällt.
In diesem Zusammenhang wird man aber argumentieren können, dass es sich vorliegend um öffentlich-rechtliche Maßgaben handelt, die der Mieter in keiner Weise selber beeinflussen kann, wie etwa die Einhaltung hygienerechtlicher Vorschriften, Brandschutz etc.
Aus diesem Grunde tendieren wir dazu, auch bei Vorhandensein solcher Klauseln den vorliegenden Umstand einer völlig unerwarteten und außerhalb der Sphäre beider Parteien liegenden öffentlich-rechtlichen Vorgabe nicht als Inhalt des Vertragsgegenstandes anzusehen.
ee) Kein Vertragsschluss in dieser Weise bei Vorhersehen der Umstandsänderung
Da seit dem Zweiten Weltkrieg keine Umstände eingetreten sind oder vorlagen, die mit der vorliegenden Situation vergleichbar sind, werden die meisten Mietverträge keine Vorkehrungen für den vorliegenden Fall enthalten.
Es steht aber zu vermuten, dass beide Parteien, zumindest aber der Mieter, auf einer Mietpreisanpassungsklausel bestanden hätten oder bestehen würden, wenn die jetzt eingetretene Situation auch nur annähernd bei Mietvertragsabschluss vorhersehbar gewesen wäre (vgl. zu einer ähnlichen Überlegung das Fallbeispiel in Kluth/Freigang, NZM 2006, 41, 43, Fall 2).
Auch dieses Tatbestandsmerkmal der Störung der Geschäftsgrundlage lässt sich daher argumentativ begründen.
ff) Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag
Kern der Bewertung des Einzelfalls bildet das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag.
Dabei ist vom Grundsatz festzuhalten, dass in allen Kommentierungen und Gerichtsentscheidungen der Grundsatz gilt, dass das Verwendungsrisiko der Mietsache beim Mieter liegt (vgl. nur Zöll, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, a.a.O., Kap. 8 Nr. 20 ff.; BGH, Urteil vom 16.02.2000 – XII ZR 279/97 – NJW 2000, 1714, 1716, Leitentscheidung zum nichtfunktionierenden Einkaufszentrum).
Tendenziell ist die Hürde im Bereich des Gewerberaummietrechts sehr hoch, eine Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag zu begründen.
In den Entscheidungen findet sich allerdings u. a. die Aussage, dass ein Berufen auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage in extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt, in Betracht kommt (siehe BGH, Urteil vom 16.02.2000, wie vor).
Nach der Rechtsprechung des BGH muss hierzu eine schwerwiegende Äquivalenzstörung vorliegen und die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag muss sich auch auf die in stehende Frage stehende Äquivalenzstörung zurückzuführen sein (Kluth/Freigang, a.a.O., Seite 44 zu 3. mit Verweis auf BGH, Urteil vom 21.09.2005 – XII ZR 66/03 – NZM 2006, 54 ff.).
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Tatbestands der Störung der Geschäftsgrundlage die zeitliche Dauer der Nutzungsuntersagungen eine Rolle spielen kann und muss. Denn wenn die Untersagung nur wenige Wochen andauert, wird der vollständige Umsatzausfall beim Mieter unter dem Aspekt des Existenzrisikos möglicherweise oder in Einzelfällen anders zu bewerten sein als wenn diese Störung länger andauert. Auch wird es von Mieter zu Mieter unterschiedlich sein, kleine Mieter werden vermutlich deutlich schneller in eine Situation der Zahlungsunfähigkeit geraten als professionelle Großmieter. Gerade an dieser Stelle ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die hier vorgenommene Prüfung immer für einen Einzelmietvertrag vorzunehmen ist, also den Inhalt des konkreten Mietvertrages zu bewerten hat sowie zusätzlich sämtliche Umstände, die bei den Parteien vorliegen und die das kon-kret betroffene Ladenlokal betreffen. Es lassen sich bei der vorliegenden abstrakten Prüfung auch in diesem Zusammenhang keine konkreten Aussagen für den Einzelfall der Rechtslage tätigen.
In den Fällen, in denen es um die Absenkung der Miete in einem langfristigen Mietverhältnis ging, hat der BGH die Opfergrenze bei einem Anstieg um 150 % bzw. ein Absinken um 60 % gezogen (Kluth/Freigang, a.a.O., Seite 44).
Des Weiteren hat der BGH verlangt, dass die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag auch auf die in Frage stehende Äquivalenzstörung zurückzuführen ist (Kluth/Freigang, a.a.O., Seite 44).
Dies würde bedeuten, dass im Einzelfall zu prüfen wäre, ob die wirtschaftliche Schieflage des einzelnen Mieters auch im Wesentlichen auf die Fortzahlung der Miete während der angeordneten Ladenschließung zurückzuführen ist (vgl. hierzu sehr kri-tisch Kluth/Freigang, a.a.O., Seite 45).
Nach den uns bisher vorliegenden Rückmeldungen vom Markt ist in vielen Fällen anzunehmen, dass der Totalausfall des Umsatzes aufgrund der Schließung für sich gesehen den jeweiligen Mieter zu Fall bringen kann. Dann läge auch dieses zweite kumulativ zu erfüllende Erfordernis des BGH vor.
gg) Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage
Sind die Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt, kann der Mieter nach § 313 Abs. 1 BGB in erster Linie Vertragsanpassung verlangen. Nur wenn diese nicht zumutbar ist, kann er den Mietvertrag aus wichtigem Grund oder auch gestützt auf die Störung der Geschäftsgrundlage kündigen (§ 313 Abs. 3 BGB).
Der Anspruch auf Vertragsanpassung führt in der Regel nicht zu einer Herabsetzung des Mietpreises auf den Marktpreis. Das Risiko einer Äquivalenzstörung und damit auch die Lasten einer Vertragsanpassung sollen grundsätzlich zwischen den Parteien angemessen, d. h. hälftig verteilt werden (Kluth/Freigang, a.a.O., Seite 46).
Jedenfalls soll eine Absenkung höchstens auf die Opfergrenze in Betracht kommen, d. h. auf den Preis, der gerade noch innerhalb des typischen Risikos einer Veränderung des Wertes von Leistung und Gegenleistung liegt (Kluth/Freigang, a.a.O.).
Wie ein Gericht diese Maßstäbe im Einzelfall anwenden würde, ist völlig offen. Sollte der Mieter bei Fortzahlung auch nur eines Teils der Miete gerade aus diesem Grund insolvent gehen, wäre möglicherweise die Opfergrenze sehr niedrig anzusetzen.
Auf der anderen Seite sind durch diesen Maßstab auch die Interessen des jeweiligen Vermieters angemessen in Rechnung zu stellen.
Daher kommt es für die Ausjustierung in diesem Bereich sehr stark auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien des jeweiligen Mietvertrages an. Denkbar wäre, dass ein besonders schwacher Mieter gegenüber einem wirtschaftlich starken Vermieter eine sehr starke Herabsetzung verlangen kann, umgekehrt ein starker Mieter bei einem schwachen Vermieter eine deutlich höhere Miete weiterzuzahlen hat. Auf den Aspekt der Dauer der Nutzungsunterbrechung wurde vorstehend bereits hingewiesen.
hh) Zusammenfassung zu e)
Sofern das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage vorliegend aus Gründen der Normkonkurrenz Anwendung finden kann, ist dieses aufgrund der Flexibilität der Rechtsform in besonderer Weise geeignet, der jetzigen Situation Rechnung zu tragen. Denn dann kann eine Einzelfallbewertung unter Abwägung aller Interessen, insbesondere auch aufgrund der wirtschaftlichen Stärke der jeweiligen Mietvertragspartei vorgenommen werden.
II. Variante 2: Verpflichtung des Vermieters zur Untersagung der Nutzung eines Einkaufszentrums (oder FOC) auf der Grundlage der entsprechenden Vorschriften der Landesregelungen
Im Sachverhalt wurde vorliegend darauf hingewiesen, dass die dort beispielhaft genannten Landesregelungen Bayern und Sachsen-Anhalt sowie Nordrhein-Westfalen neben dem allgemeinen Verbot der Ladenöffnung auch ein solches des Verbots der Öffnung von Einkaufszentren enthalten.
Folgt man der diesseitigen Auslegung - wofür vieles spricht - wären auch die Vermieter / Betreiber der entsprechenden Einkaufszentren durch die Schließungsanordnungen dazu aufgefordert, die Einkaufszentren abzusperren und lediglich Kunden hineinzulassen, die die privilegierten Nutzungen aufsuchen wollen. Gleichzeitig könnte eine Anweisung dahingehend vorliegen, die übrigen Mieter zur Schließung ihrer Ladenlokale aufzufordern und dieses auch zu überwachen.
Tritt man einer solchen Auslegung nahe, spricht vieles dafür, in dieser Fallgestaltung entweder einen Sachmangel infolge der nichterlaubten oder nichtmöglichen Gebrauchsüberlassung des Mietgegenstandes im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB, zumindest aber einen Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB zu sehen.
Folge wäre der Entfall der Mietzahlungspflicht nach § 536 Abs. 1 bzw. § 326 Abs. 1 BGB.
III. Vorläufiges Resümee
Die vorstehende rechtliche Analyse zeigt, dass der vorliegende Sachverhalt einer behördenseitigen Schließung aller Ladengeschäfte weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise konkret behandelt wird.
Daher waren die vorstehenden Überlegungen aus der allgemeinen Rechtsprechung und Literatur zu den hier untersuchten Rechtsinstituten und Rechtsvorschriften zu entwickeln.
Wie die Gerichte, insbesondere später einmal die Obergerichte oder der Bundesgerichtshof die Fälle beurteilen werden, ist nicht vorhersehbar. Da die Anwendung der besprochenen Vorschriften sehr stark von Wertungen abhängig ist, wird es letztlich darauf ankommen, wie die Gerichte zu einem Zeitpunkt, nachdem die Krise längst vorbei sein wird, die jetzige Situation wertungsmäßig einstufen werden.
Für die jetzt zur Handlung aufgerufenen Mieter und Vermieter ergeben sich folgende vorläufige Erwägungen:
- Es kann nicht als gesichert angesehen werden, ob die Mieter während der Schließungszeiten die Miete schulden oder nicht.
- Die Nichtzahlung der Miete setzt den Mieter zusätzlich dem Risiko einer Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB aus. Zusätzlich knüpfen sich hieran Schadensersatzansprüche des Vermieters.
- Sollte aufgrund der vom Vermieter aufrechterhaltenen Verpflichtung zur Mietzahlung ein Mieter insolvent gehen, steht zudem zu befürchten, dass sich der Vermieter damit mit dem Insolvenzverwalter des Mieters auseinanderzusetzen hat. Es ist dann nicht auszuschließen, dass dieser sehr weitreichende Schadensersatzansprüche geltend macht, weil durch die Insolvenz möglicherweise dem Mieter andere weitreichende Schäden entstanden sind.
- Das vorstehende Szenario gilt umgekehrt auch für den Fall, dass ein Vermieter aufgrund verweigerter Mietzahlungen in die Insolvenz gerät.
- Es ist daher allen Beteiligten anzuraten, „auf Sicht zu fahren“ und zunächst behutsam vorzugehen. Insbesondere ist zu beachten, dass die nächste Mietzahlung erst Anfang April ansteht, so dass ein Beobachtungszeitraum mindestens noch in der nächsten Woche besteht.
- Außerdem ist abzuwarten, ob es öffentliche Hilfen gibt oder ob die Insolvenzantragspflicht modifiziert wird.
- Schließlich bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber die vorstehend erörterten Fallkonstellationen noch ausdrücklich gesetzlich regeln wird. Die bisher bekannte Begründung des Entwurfs eines „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ legt nahe, dass die Autoren dieses Entwurfs davon ausgehen, dass die Verpflichtung zur Fortzahlung der Miete während einer öffentlich-rechtlichen Beschränkung des Betriebs „im Grundsatz“ fortbesteht. Eine ausdrückliche gesetzliche Normierung dieser Rechtsfolge ist in dem uns bisher bekannten Gesetzesentwurf aber nicht vorgesehen. Daher bleiben unsere vorstehenden rechtlichen Erwägungen einstweilen maßgeblich.
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